BILDUNGMEINUNG

Echte Klassen, echte Zeugnisse und echte Chancen!

Das ist es, was unsere Kinder brauchen.

Ein außerordentliches Schuljahr liegt hinter uns. Von der Vorschule bis zur Matura waren die Rahmenbedingungen für Schüler*innen, Lehrpersonal und Eltern eine große Herausforderung. Aber das ist nicht der Grund dafür, dass viele Kinder als „außerordentliche“ Schülerinnen und Schüler geführt werden. Gerade jetzt gibt es viele Kinder und Jugendliche, die auf die Unterstützung unseres Bildungssystems angewiesen sind. Statt Unterstützung werden Ihnen aber vom Bildungssystem Prügel vor die Füße geworfen.

Das Problem beginnt schon bei Kindern ab dem 5. Lebensjahr. Kinder, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, werden dem sogenannten MIKA-D Test unterzogen. Dabei werden in einem ungefähr halbstündigen Test ihre Deutschkenntnisse überprüft. Die Eltern wissen weder, was der Inhalt des Tests ist, noch dürfen sie während des Tests dabei sein. Es spielt dabei auch keine Rolle, ob diese Kinder oder deren Eltern österreichische Staatsbürger, hier aufgewachsen und in Österreich auf die Welt gekommen sind – der MIKA-D Test findet statt, unabhängig davon, wie gut die tatsächlichen Deutschkenntnisse sind. Eine Mutter hat mir dazu geschrieben, dass sie es nicht verstehen kann, dass ihr Kind aufgrund der Zweisprachigkeit anders behandelt und diskriminiert wird. Diese Tests sind nicht transparent und auch nicht objektiv. Die Schulleitungen handhaben nämlich die Regelungen betreffend Deutschförderklassen sehr unterschiedlich. Es gibt Schulen, die verweigern diese Tests beinahe komplett und andere versuchen die Kinder in die Deutschförderklassen zu stecken, um zusätzliches Lehrpersonal zu bekommen. Das Problem sind aber nicht die Direktionen oder das Lehrpersonal, sondern dieses ungerechte und diskriminierende System, welches unsere Kinder schon im Vorschulalter selektiert und in eigene Klassen abschiebt.

Das Resultat ist eine Zweiklassengesellschaft in der Schule. Jene Kinder, die in die „normale“ Klasse gehen dürfen und jene, die in die „Deutschförderklasse“ gehen müssen. Besonders brisant ist auch die Tatsache, dass viele Eltern gar nicht mitbekommen, dass Ihre Kinder einem Test unterzogen werden und als außerordentliche Schüler in eine eigene Klasse gesteckt werden. Hier wird einfach über die Köpfe der Familien hinweg entschieden. Ich habe in den letzten Monaten hunderte Nachrichten und Anfragen zu diesem Thema erhalten, aber noch nie hat eine betroffene Familie das System der Deutschförderklassen gelobt. Die Sicht der der betroffenen Kinder und Eltern wird von den Verantwortlichen komplett außer Acht gelassen. Auch das Lehrpersonal ist nicht überzeugt von diesem System, muss es aber aufgrund der gesetzlichen Lage umsetzen.

Besonders traurig für diese Kinder ist auch die Zeit, wenn in der Schule die Zeugnisse verteilt werden. Sie bekommen nämlich, im Gegensatz zu ihren Mitschüler*innen, keine richtigen Zeugnisse und Noten. Die Enttäuschung bei Kindern und Eltern ist vorprogrammiert. Hinzu kommt, dass Deutschförderklassen gar keine „echten“ Klassen im Sinne des Schulunterrichtsgesetzes sind. Das geht auch aus den Gesetzestexten, die unter der ÖVP/FPÖ-Regierung beschlossen wurden, hervor. Das traurige Resultat ist, diese Kinder gehen in keine „echten“ Klassen, erhalten keine „echten Zeugnisse“ und bekommen letztlich auch keine „echte“ Chance auf eine erfolgreiche Zukunft. Gerade in Krisenzeiten bräuchte es eigentlich ein Schulsystem, das unsere Kinder unterstützt, sie nicht zurücklässt und, wenn es darauf ankommt, für sie da ist. Insgesamt ein eindeutiges „Nicht genügend“ für unser Bildungssystem – da hilft bei den Verantwortlichen auch keine Nachhilfe mehr.

 

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