Meine Motivation war es nicht, Geld zu verdienen
Sally, alias Saliha Özcan, hat 1,4 Mio Follower, einen Blog, eigene Bücher, ein Unternehmen. „Sallys Welt“ ist Europas größter Food Channel. In Österreich lacht Sie von den Interspar-Werbeprospekten.
Liebe Sally, könnten Sie sich unseren LeserInnen bitte kurz vorstellen?
Ich bin Saliha, bin 30 Jahre jung, seit fast 11 Jahren mit meinem Mann Murat verheiratet. Gemeinsam haben wir 2 Töchter: Samira (8) und unser Wirbelwind Ela (3). Mein Mann ist Verfahrenstechniker und ich bin eigentlich Grundschullehrerin für die Fächer Hauswirtschaft, Deutsch und Englisch. Vor 7 Jahren gründete ich meinen YouTube Channel „Sallys Welt“, auf welchem ich mittlerweile 3 Mal pro Woche Videos veröffentliche. Seit etwa 4 Jahren bin ich nicht mehr als Lehrerin tätig – zeitlich schaffe ich das nicht mehr. „Sallys Welt“ ist Europas größter Food Channel geworden und mittlerweile beschäftige ich etwa 40 Mitarbeiter.
- Wie kam der Name Sally?
Als ich in der 5. Klasse war, sollte sich jeder Schüler einen englischen Namen aussuchen. Der einzige Name, der damals im Englischbuch noch übrig war, war „Sally“ – den bekam ich. Schnell wurde Sally zu meinem Spitznamen, weil dieser sich auch einfacher aussprechen lässt, als „Saliha“. Und so ist das bis heute geblieben – die wenigsten nennen mich bei meinem vollen Namen.
- Begonnen hat alles mit einem Nusszopf…
Genau, mein Nusszopf war das erste Video. Auf diese Idee kam ich, weil wirklich viele Menschen sich vor dem Hefeteig fürchten. Die Angst, dass er nicht aufgeht, oder dass er die Form nicht behält, ist enorm. Zu dieser Zeit studierte ich gerade und im Praxissemester (Hauswirtschaft) merkte ich auch schnell, dass andere in meinem Alter nicht so küchenaffin sind wie ich. Immer wieder meine Rezepte aufzuschreiben und herumzureichen empfand ich als kompliziert und so entschied ich mich dazu ein Video zu drehen, es selbst zu schneiden und auf YouTube zu veröffentlichen – so dass jeder sich das Video und die Tipps abschauen könnte.
- Sie sind vor allem in Deutschland sehr bekannt und haben mehr als 1,4 Mio. Follower. Ab wann haben Sie realisiert, dass Sie jetzt definitiv berühmt sind? Hat Ihr Bekanntheitsgrad Sie irgendwie verändert? Was machen Sie, damit Sie „auf dem Boden bleiben“.
Ich weiß nicht, ob man das selbst so wirklich realisiert. Früher wurde ich als „Lehrerin“ auch schon immer überall erkannt – „Hallo Frau Özcan“ hieß es dann in Bäckereien oder im Schwimmbad. In meiner Heimat in Waghäusel kennt man sich einfach. Jetzt ist es nur so, dass ich überall angesprochen werde, egal in welcher Stadt ich bin. Selbst in Antalya auf dem Gemüsemarkt erkennen mich deutsche Touristen. Für mich selbst hat sich hierbei aber nichts verändert – bei mir zu Hause ist alles gleichgeblieben. Für meine Freunde und Familie ist es auch nichts Besonderes. Neulich lief ich auf der Brooklyn Bridge in New York, selbst da sprach mich eine deutsche Touristin an – das war schon ein besonderer und wirklich rührender Moment.
Besonders schön finde ich es immer, wenn fremde Kinder und Babies mit mir kuscheln, sie kennen mich durch meine Videos und somit bin ich ihnen nicht fremd. Das finde ich schön. Ich verstehe auch gar nicht warum man dabei abheben sollte. Ich backe und koche einfach nur und teile meine Leidenschaft mit anderen.
- Sie haben einen Blog, einen Internet-Shop, Sie haben einige Bücher geschrieben, treten in verschiedenen Fernsehshows auf und haben Familie – schaffen Sie das alles oder stoßen Sie da schon mal an Ihre Grenzen?
Mein Tagesablauf ist schon sehr eng getaktet, vor allem wenn ich gerade Videos produziere und an einem neuen Buch sitze. Wir arbeiten mit keinen Agenturen oder Managern – wir machen alles selbst bei uns zu Hause in meiner Küche. Das ist natürlich einerseits enorm viel Arbeit, aber ich weiß einfach, was am Ende dabei herauskommt. Jeder von uns gibt sein Bestes und natürlich kann es auch mal passieren, dass etwas nicht gelingt. Meine Familie und meine Kinder sind mir am wichtigsten, sie stehen in meinem Lebensmittelpunkt – ich bekomme aber von allen Seiten Unterstützung. Meine Eltern sind beide Rentner und verbringen ihren ganzen Tag mit uns. Meine Mitarbeiter sind meine Freunde, wir passen alle aufeinander auf und jeder ist auf seine Art sehr speziell und bringt seine eigenen Talente und Stärken mit ins Unternehmen.
- Wünschen Sie sich manchmal wieder die ganz „normale“ Saliha zu sein, die Lehrerin, die man nicht überall wiedererkennt?
Natürlich möchte man ab und zu auch einfach unerkannt durch die Straßen laufen, ich glaube das ist ganz normal. Oftmals realisiere ich auch gar nicht, dass Menschen mich im Alltag erkennen, darauf weisen mich dann meine Freunde hin. Meine Zuschauer sind aber keineswegs aufdringlich oder unangenehm, bisher waren alle total lieb und keiner hat jemals eine Grenze zur Privatsphäre überschritten. Ohne mein Karohemd schaffe ich es auch manchmal ganz unerkannt zu bleiben (lacht).
- Wir in Österreich kennen Sie hauptsächlich von den Werbeprospekten von Interspar. Haben Sie sonst noch Kontakt zu Österreich?
Ich habe ziemlich viele Freunde und Partner in Österreich und wir sind auch regelmäßig dort. Ich war bis vor 3 Jahren, bis zur Kooperation mit Interspar, noch nie in Österreich und habe ehrlich gesagt auch nie verstanden, warum meine Freunde und viele andere Deutsche dort Urlaub machen. Ich dachte immer Österreich sei das Gleiche wie Deutschland. Aber ist es gar nicht. Die Natur, die Menschen, das Essen, alles ist total schön und ich mache nun auch selbst dort gerne Urlaub.
- Gesunde Ernährung ist ein besonders wichtiges Thema, angesichts einer immer dicker werdenden Bevölkerung. Was beachten Sie bei Ihren Kindern?
Beim Packen der Jause achte ich bei meinen Kindern immer darauf, dass kein industrieller Zucker und kein weißes Mehl vorhanden sind. Entweder bekommen sie Vollkornbrot oder Roggenbrot mit verschiedenen Belägen. Jeden Tag wird etwas anderes eingepackt. Samira und Ela mögen auch mein selbst gemischtes Müsli total gerne. Da variiere ich jeden Tag und mische die verschiedensten Zutaten zusammen. Ela & Samiras Lieblingsfrühstück: 3-4 EL kernige & zarte Hafer-flocken (ich mische immer 1:1), 1 TL Leinsamen (geschrotet und im Ganzen), 1 TL Amaranth-Pops, 1 TL gefriergetrocknete Erdbeeren, 1 TL Kakaonibs (ohne Zucker) und dazu Vollmilch oder Mandelmilch.
- Haben Sie vielleicht einige Tipps für diejenigen unter unseren LeserInnen, die gerne in Ihre Fußstapfen treten möchten?
Wenn man Kinder heutzutage fragt, was sie einmal werden möchten, dann kommen selten noch Antworten wie „Pilot, Schauspieler, Sänger“ – mittlerweile möchten die meisten einfach „YouTuber“ oder „Influencer“ werden. Ich denke das kommt daher, dass viele YouTuber es ihnen falsch vorleben. Es wird der Anschein erweckt, als könnte man aus seinem Kinderzimmer heraus beliebig Videos gestalten, hochladen und sich damit seinen Lebensunterhalt verdienen. Das ist schlichtweg falsch. Meine Motivation war es damals nicht, irgendwann damit Geld zu verdienen. Ich wollte einfach nur meine Leidenschaft, mein Hobby mit anderen teilen. Man weiß nie was morgen passiert: werden wieder Algorhythmen geändert, kommt eine neue Plattform? Viele YouTuber sind auf diese Plattform angewiesen. Würde YouTube einen Schlussstrich ziehen und kein Geld mehr ausschütten oder eine andere Plattform erscheinen, dann wäre bei vielen die Karriere von heute auf morgen vorbei und sie wüssten nicht, wie sie den Lebensunterhalt finanzieren sollten. Wichtig ist also immer, sich Sicherheiten zu schaffen. Einen Beruf erlernen und dann kann man nebenbei immer noch YouTube Creator werden, weil man Spaß daran hat, aber nicht, um sich das Leben zu finanzieren. Das wäre meiner Meinung nach eine völlig falsche Einstellung – die Zuschauer möchten auch authentische, echte Inhalte.
Vielen Dank für das Gespräch!
Foto: Sallys Welt / Marius Stark Foodloving Photography