Sehr geehrter Herr Yüksek, könnten Sie sich unseren LeserInnen bitte kurz vorstellen?
Mein Name ist Muhammed Yüksek, 33 Jahre, ich bin in Österreich geboren, habe dank meines Vaters eine Lehre zum Bürokaufmann gemacht, war im Anschluss ca. 3 Jahre im Bundesheer – Auslandseinsatz im Kosovo als KFOR-Soldat. Ich bin glücklich verheiratet und Vater von 2 Kindern. Nebenbei habe ich berufsbegleitend die Matura nachgeholt.
Sie setzen sich für Jugendliche ein. Könnten Sie uns näher beschreiben, was Sie machen?
Ich setze mich zwar für die Gesellschaft ein, aber die Jugendlichen sind meine Herzensangelegenheit, weil sie es sind, die unsere Zukunft bestimmen werden. Ich kenne die Schwierigkeiten auch aus meiner Jugend, wo ich niemanden hatte, der mir Ratschläge gab oder jemand Erfahrenen, mit dem ich sprechen konnte. Man muss in die Welt der Jugendlichen eintauchen können. Auch dann, wenn sie gewisse Dinge etwas anders sehen bzw. beurteilen. Deswegen habe ich mit einem jungen Team den Verein domino8.at gegründet. Die AktivistInnen sind in verschiedenen Parteien, aber auch unparteiisch in der Zivilgesellschaft, aktiv. Dort werden Rolemodels vor den Vorhang geholt, die zwar eine Erfolgsgeschichte zu erzählen haben, aber der Weg dorthin für sie alles andere als einfach war. Und genau das ist unsere Botschaft: „Auch du kannst es schaffen, glaub an dich!“.
Sie engagieren sich sehr für die österreichische Politik. Wie wurden Sie aktiv?
Also politisch wurde ich eigentlich schon seit meiner Kindheit erzogen. Ich bin ja in den 90ern aufgewachsen, wo meine Eltern immer über „Franz Vranitzky (SPÖ) und Jörg Haider (FPÖ)“ gesprochen haben. Aber wirklich aktiv wurde ich erst durch einen Freund und das durch Zufall. Er hat mich damals zur Sektion am Wasserturm mitgeschleppt, weil er der Meinung war, ich könnte Politiker werden *lacht*. Seit diesem Tag bin ich bei der SPÖ-Favoriten in der Sektion am Wasserturm auch aktiv, mittlerweile bin ich auch zum stellvertretenden Sektionsvorsitzenden ernannt bzw. gewählt worden. Meine politische Heimat ist Favoriten und hier möchte ich auch einen besonderen Dank an unseren Bezirksvorsteher Marcus Franz, unseren Gemeinderat Christian Hursky und unseren Sektionsvorsitzenden Markus Netter und viele weitere tolle Genossen aussprechen, auch dafür, dass sie immer eine große Unterstützung waren.
Weshalb ist Ihnen Politik so wichtig?
Die Politik begleitet uns unser ganzes Leben, beginnend im Kindergarten bis hin zur Pension – nur sehen wir das oft leider nicht. Und genau deshalb ist es auch wichtig, sich aktiv daran zu beteiligen. Wir sind es auch unseren Kindern schuldig, uns politisch einzusetzen. Wenn man bedenkt unter welchen Umständen unsere Eltern uns groß gezogen haben, dann ist es das mindeste, dass wir einen Teil unserer Freizeit auch für die Menschen, die Gesellschaft und die Politik einsetzen. Wenn wir heute mit Freunden bzw. mit der Familie etwas unternehmen und unsere Freizeit genießen, dann haben wir das unserer Vorgeneration zu verdanken. Sie hatten diesen Luxus nicht. Ein friedliches Miteinander ist auch nur dann möglich, wenn wir als Österreicher mit türkischem Migrationshintergrund unsere Komfortzonen verlassen, aufeinander zugehen, miteinander reden und das unabhängig davon, welche Herkunft wir haben. Das gilt natürlich auch für die autochthone Gesellschaft.
Der Termin für die Neuwahlen scheint fix zu sein. Was erwarten Sie sich von den Wahlen und wie sollen sich Wähler entscheiden?
Zuerst bin ich froh darüber, dass die FPÖ nicht mehr in der Regierung sitzt. Auch wenn die Umfragewerte für Sebastian Kurz sprechen und eine Marketingmaschinerie im Hintergrund für ihn arbeitet. Doch am Ende des Tages liegt die Entscheidung bei den Wählern, ob sie sich für den Sozialabbau oder für ein Programm des friedlichen Miteinanders und für die Menschen entscheiden.
Was ist Ihre größte Bitte oder Appell an Personen mit Migrationshintergrund, die in Österreich leben?
Meine Bitte ist: mobilisiert euer Umfeld, denn wer nicht wählen geht, stärkt genau jene Parteien, deren politische Linie sich am Ende wieder gegen uns richtet.
Etwas, das Sie unbedingt erreichen wollen…
Die Wahlbeteilung der türkisch/muslimischen Community maximieren
Etwas, das Sie gar nicht verstehen können…
FPÖ/ÖVP
Etwas, das Sie noch loswerden möchten…
Mit folgenden Worten möchte ich mein Interview beenden:
„Wir sind kein Teil dieser Gesellschaft, wir SIND die Gesellschaft!“
Unser Lebensmittelpunkt ist in Österreich! In jeder Gasse, auf jeder Straße liegt schon ein Schweißtropfen unserer Großeltern und Eltern, die hier genauso ihre Leistung erbracht haben, ob in der Rolle des Arbeiters oder auf akademischer Ebene. Deswegen dürfen wir uns auch nicht immer in die Rolle des „Gastarbeiters“ versetzen, nein, ganz im Gegenteil: auch wir sind Österreich mit all seinen Pros und Contras.
Vielen Dank für das Gespräch!
Foto: Farido Davis