„Oft ist der einzige Weg, sich umzudrehen und zu gehen…“
Im Interview: Alexander Haydn, Psychotherapeut, Mitbegründer der Männerhotline
• Herr Haydn, können Sie sich bitte kurz vorstellen?
Mein Name ist Alexander Haydn, ich bin Psychotherapeut, ich arbeite seit vielen Jahren in der Wiener Männerberatung. In den letzten 10 Jahren habe ich opferschutzorientierte Täterarbeit mit aufgebaut.
• Können Sie unseren LeserInnen die Männerinfo erklären?
Die Männerinfo 0800 400 777 ist eine professionelle telefonische Krisenberatung in allen Lebenslagen, die rund um die Uhr mit erfahrenen Männerberatern aus ganz Österreich Unterstützung anbietet – wenn es gewünscht wird, auch gedolmetscht. Sie ist anonym und vertraulich.
Entstanden ist die Männerinfo im ersten Lockdown, wurde jetzt vom Sozialministerium finanziert und kann somit nun kostenlos rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr angeboten und erreicht werden.
Die Männerinfo ist 24 Stunden 7 Tage die Woche und
365 Tage im Jahr kostenlos erreichbar
• Wie funktioniert das Dolmetschen? Muss man sich vorher anmelden, z.B. für Türkisch?
Nein, man muss sich nicht anmelden, wenn man direkt beim Anruf mitteilt, dass man gerne einen Dolmetscher hätte, so ist es bei den gängigen Sprachen, u.a. auch Türkisch, innerhalb von 5 Minuten möglich, einen Dolmetscher zuzuschalten. Bei nicht gängigen Sprachen müsste das angemeldet werden und innerhalb von 24 – 48 Stunden erhält der Mann dann einen Rückruf mit der entsprechenden Dolmetsch-Unterstützung.
• Dass es ein Männertelefon oder eine Männerinfo gibt ist nicht so bekannt, wie die Frauenberatungsstellen. Denken Sie der Bedarf ist derselbe?
Experten haben in den letzten Jahren gesehen, dass der einzige Ansatz, der bei Gewalt in der Familie funktioniert und der sinnvoll ist, ein vernetzter Ansatz ist. Das heißt, Opferschutzeinrichtungen und Männerberatungseinrichtungen sollten vernetzt agieren.
• Wie kann die „Männerhotline“ helfen?
Schon alleine die Tatsache, dass ein Mann über seine Probleme spricht, ist schon ein großer Schritt. In weiterer Folge würde er dann an eine Männer- oder Gewaltberatungsstelle in seinem Bundesland weiterverwiesen.
• Weshalb kommen Männer zu Ihnen, bzw. melden sich bei der Männerinfo?
Es gibt Männer, die einen Leidensdruck haben, und mit jemandem reden wollen, der sie unterstützen kann. Oft wird den Männern auch von ihrem Umfeld dazu geraten. Oder sie kommen über Gewaltschutzeinrichtungen oder andere Stellen zu uns.
• Haben Sie auch Tipps für unsere Leser, wie man den Zorn und sich selbst besser unter Kontrolle halten kann?
Das ist leider ein sehr komplexes Thema, Männer, die in Trainingsprogrammen sind, brauchen dafür oft ein Jahr, um das zu lernen.
Oft hilft aber, dass sich die Männer im Vorfeld Gedanken darüber machen, was ein Gewaltausbruch für Folgen hat (Verurteilung, Haft usw.). Wenn man in einer „aufgeladenen“ Situation steckt, kann man nicht mehr richtig denken – der einzige Weg ist dann, aus der Situation auszusteigen, also sich umzudrehen und wegzugehen oder wegzulaufen.
• Gibt es etwas, das Sie noch gerne ergänzen würden?
Es wäre sehr wichtig, wenn diese Telefonnummer, also 0800 400 777, verbreitet wird, damit Männer, so wie es das bereits seit längerem auch schon für Frauen gibt, wissen, wohin sie sich in einer Krisensituation wenden können.
• Vielen Dank für das Gespräch